Verantwortung der Gestalter
Jedes Blatt Papier wurde aus einem Baum gewonnen, für jeden Klick bemühte sich eine Turbine. Deshalb ist jedes ungelesene Buch Verschwendung wertvoller Rohstoffe und jedes ziellose Bit verschleuderte Energie. Gehen wir zu weit, wenn wir jedes Gramm in die Waagschale werfen? Welche Verantwortung hat die Branche, die solche Anreize zum Konsum liefert? Ist der Gestalter mit seinem Beitrag zur Vermarktung einer Dienstleistung oder eines Produktes Zündblättchen für unseren verschwenderischen Umgang mit den sich erschöpfenden Ressourcen?
Stephan Bohle gibt in einem Appell eine klare Antwort: ja. »Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass es für eine nachhaltige Entwicklung eines Kulturwandels mit geänderten Werten, Gewohnheiten und Einstellungen bedarf. Wer, wenn nicht die Kommunikations- und Designindustrie, kann dazu beitragen, eine Verhaltens- und Einstellungsänderung bei den Menschen zu erreichen?« Es geht nicht um die Vorreiter, die den Bruch solcher Muster ernst nehmen (z.B. social entrepreneurships) und mit ihren Dienstleistungen den Verzicht auf etwas und die damit verbundene und notwendig werdende Vernetzung vermarkten oder aus urbanen Bedürfnissen (z.B. car sharing bei Mobilität) heraus Konzepte entwickeln. Es geht um die Überwindung der klassischen Strategie der Verführung. Bohle nennt das durch Victor Lebow vor 60 Jahren formulierte Credo, »dass man den Kauf und den Gebrauch von Waren in Rituale verwandeln solle und dass die Menschen ihr Selbstwertgefühl im Konsum suchen müssen, um die Fabriken am Produzieren zu halten«. Mit dem Überfluss verbundene und häufig auch unterbewusst wirkende Slogans kennt jeder.
Less Google
In ›Druckmarkt impressions‹, der digitalen Ausgabe einer Branchenzeitschrift für Print & Publishing, wird Knud Wassermann sehr deutlich, was die Google-Kampagne ›Go Paperless 2013‹ angeht: »Sieht man sich die Zahlen aus den USA etwas näher an, zeigt sich, dass die über 2.000 Rechenzentren bereits 2010 mehr Strom verbrauchten als die gesamte Papierindustrie. DreiProzent von den 76 Mrd. Kilowattstunden gingen dabei übrigens auf das Konto von Google. […] Dass eine papierlose Kommunikation per se umweltfreundlicher sei, ist trotz der Grünfärberei von Google schlichtweg nicht haltbar.«